Von Sesseln und Cobots – Interview mit Günter Grassmann, Grassmann GmbH
Dranbleiben und sich laufend weiterentwickeln ...
… das ist eines der Erfolgsrezepte der Tischlerei Grassmann GmbH aus Kirchberg an der Pielach. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Produktion von Sesseln im B2B-Geschäft und langjähriger Clusterpartner im Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich. Im Frühjahr hat sich das Unternehmen einen Cobot angeschafft – Anlass für BEUC-Projektmanager Johannes Zeilinger für ein Gespräch mit Geschäftsführer Günter Grassmann.
Johannes Zeilinger: Günter, bitte stelle dich und dein Unternehmen vor.
Günter Grassmann: Mein Name ist Günter Grassmann, 53 Jahre alt und ich führe das Unternehmen Grassmann GmbH in 3. Generation. Mein Großvater war Wagnermeister und handelte mit Holzwaren. Anfang der 70er Jahre sind wir bei den Sesseln gelandet, heute fungieren wir als Zulieferer für Möbelproduzenten. Unsere Hauptkunden sind Unternehmen aus den Bereichen Tischlerei, Einrichtungsplanung und Architektur. Mein Unternehmen hat derzeit 20 MitarbeiterInnen.
Die Sesselwelt und ihre Herausforderungen
Johannes Zeilinger: Grassmann steht also für Sessel, Bänke und Tische - wird sich daran in Zukunft etwas ändern?
Günter Grassmann: Nein, daran wird sich nichts ändern. Es bleibt auch weiterhin beim B2B-Vertrieb, wir setzen auf Qualität, nicht auf Preiskampf. Wir bieten für unsere Kunden auf www.sesselwelt.at auch einen Online-Konfigurator. Derzeit haben wir dort circa 1.400 registrierte Kunden, worauf wir sehr stolz sind.
Johannes Zeilinger: Welche Innovationssprünge erwartet ihr in eurem Geschäftszweig?
Günter Grassmann: Technisch ist das Thema CNC meiner Meinung nach ausgereift. Als Unternehmer muss ich immer bedenken: Was kostet die Maschine? Wie finanziere ich sie? Kann ich sie auslasten? Sessel sind hier sehr dankbar oder auch genügsam: es benötigt viele Kleinteile, es gibt hohe Stückzahlen und somit eine gute Auslastung der wenigen Maschinen.
Den Holz-3D-Drucker gibt es schon, allerdings ist das Ergebnis eine homogene Masse – Holz lebt ja auch davon, dass es ein Naturprodukt ist und auch dementsprechend aussieht. Es wäre zwar keine Innovation im klassischen Sinn, jedoch wäre es schön, wenn auch wieder ein anderes Holz als Eiche für den Möbelbau verwendet werden würde.
Johannes Zeilinger: Gibt es aktuelle Herausforderungen für euch als mittelständisches Unternehmen?
Günter Grassmann: Natürlich, aktuell mehr denn je. Zum einen natürlich die Teuerung der Rohstoffe – der Fokus liegt beim Rohstoff klar auf der Eiche, die wird kontinuierlich teurer. Man muss fairerweise aber auch dazusagen, dass der Materialeinsatz bei Sesseln jetzt nicht den Großteil der Kosten ausmacht.
Die Energiepreise können wir glücklicherweise durch eine eigene PV-Anlage und eine Batterie abfedern. Aufgrund der aktuell hohen Inflationsrate sinkt natürlich die Kaufkraft der Kundinnen und Kunden, das ist bemerkbar.
"Wir setzen auf betriebsinterne Weiterbildungen."
Johannes Zeilinger: Wie sieht es aktuell bei euch mit qualifiziertem Personal aus?
Günter Grassmann: Derzeit sind wir gut versorgt. Wir bieten viele betriebsinterne Weiterbildungen an, um uns breit aufzustellen und den Wegfall einzelner MitarbeiterInnen kompensieren zu können. Zum Beispiel haben wir derzeit erhöhten Bedarf an Polsterer-Arbeiten. Hier schulen wir gerade eine Person ein, die in Spitzenzeiten unterstützen kann.
Johannes Zeilinger: Ist Kreislaufwirtschaft bei euch ein Thema?
Günter Grassmann: Gute Frage, dazu habe ich mir noch bis dato nicht wirklich viele Gedanken gemacht. Prinzipiell ist die Kreislaufführung unserer Produkte möglich. Einen Sessel am Ende seines Lebenszyklus wieder als Sessel nutzen zu können, hängt natürlich von aktuellen Trends und Moden ab. Die Aufbereitung des Produktes ist sehr aufwändig, vor allem wenn die Beine abgeschlagen sind oder ähnliches.
Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden an, die Sessel wieder neu zu beziehen und so länger in der Nutzung zu halten. Das unterscheidet uns als Premiummarke von Billiganbietern.
"Digitalisierung ist Mittel zum Zweck - nie Selbstzweck."
Johannes Zeilinger: Wie geht ihr mit der zunehmenden Digitalisierung um?
Günter Grassmann: Digitalisierung ist Mittel zum Zweck - nie Selbstzweck. Da ich technisch sehr affin bin, bin ich immer offen für Neues.
Johannes Zeilinger: Ihr habt als eine der ersten Tischlereien einen Cobot installiert. Warum?
Günter Grassmann: Ich bin prinzipiell ein sehr neugieriger Mensch. Ein Vortrag "Roboter in der Holzbranche" hat mein Interesse geweckt. An einem Arbeitsplatz gibt es eine besonders monotone und repetitive Arbeit: das Kanten-Schleifen. Ich habe verschiedene Cobot-Anbieter recherchiert und diese kontaktiert.
Johannes Zeilinger: Wie war der Prozess von der Entscheidung bis zur Anschaffung?
Günter Grassmann: Ich habe die Akzeptanz der MitarbeiterInnen früh abgeholt, deren Interesse an der Technologie geweckt in Form von Videos und vielen Gesprächen. Die Meinung der MitarbeiterInnen war für mich entscheidend – sie müssen das Ding ja dann auch bedienen und mit ihm arbeiten. Ich habe ganz klar kommuniziert, dass dabei keine Person ersetzt wird, sondern eine besonders monotone Arbeit, das Kanten-Schleifen, wegfällt.
Ich habe durch den Cluster gewusst, dass hier bald eine attraktive Förderschiene öffnet, dies habe ich dann noch abgewartet und dann bestellt.
Johannes Zeilinger: Bist du zufrieden mit der Anschaffung?
Günter Grassmann: Absolut. Meine Mitarbeiter sind hier sehr begabt, das Programmieren neuer Befehle geht uns mittlerweile leicht von der Hand, das ganze System ist sehr intuitiv. Auch die Qualität passt. Es gibt mittlerweile Überlegungen für neue Einsatzmöglichkeiten im Betrieb, zum Beispiel die Beschickung anderer Maschinen.
"In Clusterprojekten nehme ich mir die Zeit für den Blick über den Tellerrand."
Johannes Zeilinger: Die Grassmann GmbH ist langjähriger Clusterpartner. Was sind eure Erwartungen an den Cluster?
Günter Grassmann: Meine Involvierung im Clusternetzwerk ist einmal intensiv, dann wieder weniger, je nachdem welche Themen und Projekte ihr gerade behandelt und wie sie mein Unternehmen betreffen. Meine Erwartungen werden erfüllt: es gibt interessante Projekte, unkomplizierte und kompetente Unterstützung und auch proaktiv Weitergabe von Informationen, wie zum Beispiel hinsichtlich einer möglichen Förderung für den Cobot. Die Begleitung und Unterstützung bei Einreichungen und Förderabwicklungen senkt die Hürde für Projektteilnahmen signifikant ab.
Johannes Zeilinger: Die Grassmann GmbH war bei zahlreichen Clusterprojekten mit dabei. Was war deine Motivation und was hat es euch gebracht?
Günter Grassmann: Wir waren wirklich bei vielen Projekten: KVP, LEAN, Benchmarking, Kickstart Digitalization, bald der digitale Produktionszwilling…
Der externe Blick auf das eigene Unternehmen ist von Zeit zu Zeit wesentlich, v.a. der Blick über den Tellerrand, der in der täglichen Arbeit oft untergeht. In den Clusterprojekten nehme ich mir die Zeit dafür, lerne Neues, tausche Erfahrungen aus, erhalte ich eine Außensicht auf unser Tun. Man muss aber auch nach Projektende immer dran bleiben, sich immer weiterentwickeln.
Johannes Zeilinger: Unser Cluster-Motto lautet "Innovation durch Kooperation". Kannst du dem etwas abgewinnen?
Günter Grassmann: Wir haben zahlreiche Projekte kooperativ abgewickelt. Man lernt irrsinnig viel von den anderen, v.a. wenn die Gruppe passt und gegenseitiges Vertrauen herrscht. Teilweise habe ich nach Jahren noch regelmäßige Kontakte mit den ehemaligen Projektpartnern in Form von ERFA-Gruppen. Man muss natürlich darauf eingestellt sein, dass Entscheidungsprozesse in einer Gruppe länger sind. Projekte alleine umzusetzen geht in der Regel einfacher und schneller, der Mehrwert der Kooperation liegt eindeutig in der Horizonterweiterung.
Johannes Zeilinger: Wir kommen nun schon zum Ende unseres Interviews. Hast Du noch einen Wunsch an das Cluster-Management?
Günter Grassmann: Bitte behaltet die einfache und unkomplizierte Herangehensweise bei – insbesondere die proaktive Unterstützung und Information.
Johannes Zeilinger: Herzlichen Dank für das Interview!
Günter Grassmann: Ich habe zu danken!
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Grassmann GmbH
St. Pöltnerstraße 88
3204 Kirchberg an der Pielach
Grassmann GmbH hat an zahlreichen Cluster-Projekten teilgenommen, z.B. ...
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