Clusterpartner im Fokus – Circly GmbH – Eric Weisz
Lebensmittelverschwendung und Verderb reduzieren, Ressourcen schonen und den eigenen Bedarf in Produktion oder Einkauf im Blick haben. Das sind die Ziele des Start Ups Circly GmbH, welches mit Hilfe seiner Software, unterstützt durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, seit 2019 Prognosen zum Absatz der unterschiedlichsten Warengruppen erstellen kann. Mit Firmensitz in St. Pölten und Wien fokussiert das 17-köpfige Team auf die Lebensmittelbranche und ist seit August 2024 Clusterpartner des Lebensmittel Cluster Niederösterreich und heute im Interview zu Gast.
Der Verlust von wertvollen Ressourcen bedingt durch Überproduktion und Verderb ist ein großes Problem in der positiven Entwicklung von Nachhaltigkeitszielen. Wie kam die Idee den Einsatz von KI gezielt hierfür zu nutzen?
Grundsätzlich gibt es schon seit längerer Zeit Modelle, die ablaufgefährdete Produkte bündeln und unter anderem über Apps verteilen. Jedoch ist ein Artikel zu diesem Zeitpunkt bereits geerntet, verarbeitet, gelagert, geliefert und präsentiert. Wir haben uns gedacht, dass man den Hebel wesentlich früher in der Wertschöpfungskette ansetzen muss und dass diese Lösung auch für KMU wirtschaftlich darstellbar sein muss, um sie im großen Stil einsetzen zu können. Denn erst wenn Produzenten und Händler ihren Absatz nahezu exakt vorhersagen können, wird es eine signifikante Effizienzsteigerung und damit Nachhaltigkeit geben. KI erkennt sehr schnell Muster in großen Datenmengen und kann dadurch wesentlich schneller die richtigen Schlüsse ziehen, als ein Mensch. Unsere Vision ist es Produktion und Handel diese Technologie niederschwellig zugänglich zu machen und damit einen bedeutenden Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten.
Der Absatz von Lebensmitteln, besonders jener, welcher über die Grundversorgung hinausgeht, ist von vielen Faktoren abhängig. Welche Trends lassen sich beispielsweise durch Großveranstaltungen, wie aktuell die EM, Olympia oder auch die vergangenen Hitzeperioden feststellen?
Die Einflussfaktoren sind tatsächlich vielfältig, Großveranstaltungen haben selbstverständlich einen starken punktuellen Einfluss auf den Absatz, jedoch lernt unser System wie ein langjähriger Mitarbeiter anhand von Erfahrung. Da die meisten Großveranstaltungen jedes Mal an verschiedenen Orten auf der Welt stattfinden, hat das im Alltag der meisten unserer Kunden wenig Relevanz. Wir haben in diesem Zusammenhang auch schon Termine von Fußballmatches in die Vorhersage aufgenommen, um den Absatz von Bier besser ermitteln zu können. In diesem Fall konnten wir einen klaren Zusammenhang feststellen.
Aktuell zielt das System vorrangig auf Lebensmittel ab, wäre es auch denkbar es für andere Waren- oder Produktgruppen einzusetzen? Wo liegen aktuell die Grenzen eines KI gesteuerten Systems?
Absolut, das Prinzip ist grundsätzlich immer das gleiche. Was Lebensmittel jedoch besonders interessant macht, ist, dass sie ein Ablaufdatum und damit eine gewisse Verkaufsdringlichkeit haben. Artikel, die lagerfähiger sind, haben ein wesentlich größeres Zeitfenster und bedürfen daher geringerer Prognosegenauigkeit. Dazu kommt, dass Artikel wie zum Beispiel Möbel einer gewissen Mode unterliegen und schwerer als Basis für Vorhersagen dienen können. Zudem müssen solche Artikel bis zu einem Jahr im Vorhinein beim Lieferanten bestellt werden und unabhängig von der tatsächlichen Absatzmenge den Schiffscontainer ganz auffüllen. Sollte ein System also den Absatz von 890 Stück eines Sofas vorhersagen, ist es in der Regel für den Einkauf irrelevant, wenn der Container 1000 Stück Kapazität hat.
Ganz grundsätzlich wird das System bei gleicher Datenlage immer genauer sein als ein Mensch. Wir sehen das Programm aber nicht als etwas, dass Menschen ersetzen soll, sondern als Werkzeug für Profis.
Haben Sie eine Schätzung, wie viele Tonnen Lebensmittel jedes Jahr durch ihr System und die verbesserte Produktions- und Absatzplanung eingespart werden können?
Wir haben keine genauen Zahlen, jedoch sind so viele Kunden angebunden, dass es viele Tonnen sein werden, da jede kleine Entscheidung mit unserem System datengetrieben ist und nicht aus dem Bauch heraus getroffen wird.
Als Lebensmittel Cluster Niederösterreich arbeiten wir in Kooperationsgruppen zu unterschiedlichsten Fragestellungen zusammen. Bei welchen Themen würden Sie gerne mit anderen zusammenarbeiten und könnten sich ein Kooperationsprojekt vorstellen?
Wir entwickeln unser System permanent weiter und suchen regelmäßig Partner, die diese Entwicklungen in der Praxis testen. Es ist uns besonders wichtig, dass Circly nahe an der Praxis entwickelt wird und die Herausforderungen von Produktion und Handel löst. Ein aktuelles Thema in diesem Zusammenhang ist das so genannte Joint Forecasting, bei welchem entlang der gesamten Supply-Chain Daten ausgetauscht werden, um bessere Vorhersageergebnisse für alle Teilnehmer zu ermöglichen.
Sehr geehrter Herr Weisz, herzlichen Dank für das Interview!