Junger Mann mit dem Handy
westend 61/Uwe Umstätter
25. September 2025

Gemeinsam das Bauen weiterentwickeln – Interview mit Johann Marchner

Trotz turbulenter Zeiten stetig den Weg Richtung Klimaneutralität zu gehen, zeichnet Wienerberger aus. Zahlreiche Innovationen begleiten diesen Weg – der Cluster wirft im Interview mit dem Österreich-Geschäftsführer einen Blick drauf.

Johann Marchner ist Country Managing Director / Geschäftsführer von Wienerberger Österreich GmbH, einem langjährigen Clusterpartner des Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ, sowie Pipelife Austria GmbH& Co KG. Wienerberger setzt bereits seit vielen Jahren Maßnahmen zur Erzielung von Klimaneutralität und fokussiert im Sustainability-Programm (2023-2026) mit konkreten Zielen die Dekarbonisierung, Zirkularität und Biodiversität.

Clustermanagerin Michaela Smertnig spricht mit Johann Marchner über Innovationen, Zukunftssicherheit und darüber, ideologiefrei gemeinsam das Richtige tun.

Turbulente Zeiten am Weg zur Klimaneutralität

Michaela Smertnig: Herr Marchner, sie sind seit 5 Jahren Geschäftsführer von Wienerberger Österreich. Sie haben sich sehr turbulente 5 Jahre ausgesucht! Konjunkturschwankungen, Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel – Wienerberger steht wie die gesamte Baubranche vor großen Herausforderungen.

Johann Marchner: Ja, Wienerberger ist derzeit aufgrund des massiven Rückgangs im Wohnungsneubau in keiner komfortablen Situation in Österreich. Als mittlerweile praktisch der letzte verbliebene Ziegelproduzent in Niederösterreich ist weiter unser Anliegen, die Neu-Positionierung des Ziegels voranzutreiben. Daneben ist Wienerberger mit der Marke Pipelife einer der wenigen Rohrproduzenten noch in Österreich. Somit ist Wienerberger breit aufgestellt und bereit für die Zukunft.

Michaela Smertnig: Wichtig für die Zukunftssicherheit ist das Erreichen der Klimaziele. Herr Marchner, wie lauten die konkreten Klimaziele von Wienerberger Österreich – und wie korrelieren diese mit den Konzernzielen (z.B. Klimaneutralität bis 2050)?

Johann Marchner: Zunächst ist wichtig zu betonen, dass Ziegel ein regionales Produkt ist: Der Rohstoff stammt aus Österreich, wird hier verarbeitet und somit haben sowohl Dach- als auch Wandziegel kurze Transportwege mit hoher regionaler Wertschöpfung. Wienerberger als Gruppe peilt mittelfristig Klimaneutralität an, und das gilt natürlich auch für Österreich. Das Sustainability-Programm 2023–2026 definiert unter anderem konkrete Schritte zur Dekarbonisierung der Produkte über die gesamte Wertschöpfungskette. Dabei spielen viele Faktoren, wie beispielsweise Produktentwicklung, aber auch Fertigungs- und Anwendungstechnologie eine große Rolle. Für Österreich setzen wir diese Konzernziele regional um – etwa durch ständige Effizienzmaßnahmen in unseren Werken.

Erneuerbare Energien, Sekundärrohstoffe, Urban Mining, Optimierung der Logistik

Michaela Smertnig: Welche Maßnahmen sind aktuell in den österreichischen Werken geplant, um die CO₂-Emissionen der Produktion zu senken?

Johann Marchner: Wir arbeiten an mehreren Hebeln: Erhöhung der Energieeffizienz, schrittweiser Umstieg auf CO₂-neutrale Energieträger, Einsatz von Sekundärrohstoffen und Optimierungen in der Logistik. Ich möchte allerdings betonen, dass Ziegel aus meiner Sicht im Hinblick auf die Lebensdauer und die vielfältigen Nachnutzungsmöglichkeiten bereits heute nicht energieintensiv ist. Parallel investieren wir in Digitalisierung und Automation, die auch Energieeinsparungen bringen. So ist es durch die Digitalisierung der Transportlogistik gelungen, den C02-Fußabdruck durch die weitere Verkürzung und Optimierung der Transportwege massiv zu senken.

Michaela Smertnig: Wienerberger setzt auf Kreislaufwirtschaft und Urban Mining. Was sind die größten Chancen und Hemmnisse bei der Rückgewinnung keramischer Baustoffe?

Johann Marchner: Ziegel und andere keramische Baustoffe sind 100% recyclingfähig, aber vielfach auch wiederverwendbar. Die wasserhaltenden Eigenschaften sind beispielsweise in Boden-Substraten essentiell und somit ein wesentlicher Beitrag zur Begrünung unserer Städte. Hier übersteigt die Nachfrage bereits das Angebot.

Wienerberger – digital und innovativ

Michaela Smertnig: Welche Rolle spielt Digitalisierung bei Wienerberger?

Johann Marchner: Digitalisierung ist wie bereits angedeutet ein wesentlicher Pfeiler unserer Unternehmensentwicklung, jedoch kein Selbstzweck. Ein gutes Beispiel ist die Online-Plattform für den Bestellprozesses für Hintermauerprodukte. Durch ein entsprechende digitale Eingabemaske können Kundinnen und Kunden 24 Stunden pro Tag ihre Bestellungen exakt abgeben. Es erfolgt eine sofortige Bestandsprüfung und ein möglicher Liefertermin. Schnell, einfach und genau.

Michaela Smertnig: Welche Innovationen dürfen wir aus dem Haus Wienerberger in Zukunft erwarten?  

Johann Marchner: Mit dem Roboter WLTR und dem Fertigteilwerk sind wir bereits auf einem guten Weg in Richtung zukunftsweisende Verarbeitungstechnologien. Ziel ist, den Baufirmen Flexibilität zu geben. Den Vorfertigungsgrad zusammen mit anderen Gewerken noch weiter zu erhöhen, ist ein logischer nächster Schritt. Hier suchen wir aktiv Kooperationen, auch „unübliche“ Akteure, die z.B. bei serieller Fertigung Neues einbringen. Punkto Rückbaubarkeit und Wiederverwendbarkeit von Ziegel-Bauteilen: dies ist auch ein Thema, an dem wir bereits in Projekten arbeiten.

„Bauen muss schneller und einfacher werden.“

Michaela Smertnig: Welche politischen Rahmenbedingungen oder Fördermaßnahmen würden Sie sich von Bund & Länder wünschen, um Neubau, Sanierungen und Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen?


Johann Marchner: Bauen ist eine Kostenfrage. Die Nachfrage ist jedenfalls da. Klare, langfristige Förderprogramme für Neubau und Sanierung, Anreize für den Rückbau von nicht werthaltiger Bausubstanz sowie steuerliche Erleichterungen für Produkte mit nachgewiesen positiver Ökobilanz würden helfen. Planungs- und Genehmigungsprozesse sollten zudem entbürokratisiert werden, damit Bauprojekte rascher umgesetzt werden. Bauen muss schneller und einfacher werden.

„Nur gemeinsam können wir das Bauen weiterentwickeln.“

Michaela Smertnig: Das Motto des Cluster-Motto lautet „Innovation durch Kooperation“. Können Sie sich damit identifizieren?

Johann Marchner: Ja. Für Wienerberger ist Kooperation essentiell – mit allen Unternehmen aus allen Branchen. Nur gemeinsam können wir das Bauen weiterentwickeln – ideologiefrei und ohne Scheuklappen.

Michaela Smertnig: Wienerberger war und ist bei zahlreichen Clusterprojekten beteiligt. Was schätzen Sie an kooperativen Cluster-Projekten?

Johann Marchner: Mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, andere Sichtweisen kennenlernen und gemeinsam an den Aufgabenstellungen der Branche zu arbeiten ist wertvoll und inspirierend und bringt uns als Branche weiter

Michaela Smertnig: Sehr geehrter Herr Marchner, herzlichen Dank für das Gespräch.

Zum Unternehmen

Wienerberger Österreich GmbH 
Wienerbergerplatz 1

1100 Wien
www.wienerberger.at

Ihr Kontakt für weitere Rückfragen:

Johannes Zeilinger