Junger Mann mit dem Handy
westend 61/Uwe Umstätter
16. September 2025

Maisstroh als nachhaltiger Rohstoff

Am 11.09.2025 lud die ecoplus Plattform für Green Transformation & Bioökonomie in die Repräsentationsräume des österreichischen Gewerbevereins.

Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Maisstroh als nachhaltiger Rohstoff besser genutzt werden kann und welche Akteure aus Landwirtschaft, Technik und Industrie dazu zusammenarbeiten können.

Maisstroh – regional verfügbar und innovativ?

Ausgangspunkt war eine Studie der Plattform für Green Transformation & Bioökonomie zu den Innovationspotentialen einer Bioraffinerie mit dem Rohstoff Maisstroh in Niederösterreich, welche durch den Plattformmanager Florian Kamleitner vorgestellt wurde. Dabei ging es sowohl um verfügbare Mengen als auch um die bisherige Nutzung und mögliche neue Anwendungen.

Josef Rathbauer vom Francisco Josephinum widmete sich dem Aspekt der Bodennutzung. Er betonte, dass die Wasserversorgung der Pflanzen für den Anbau und damit auch für die Ernte von Maisstroh ein entscheidender Faktor sei. Die durch die Entnahme entstehenden Nährstoffverluste – insbesondere bei Stickstoff, Phosphor und Kalium – lassen sich über gezielte Düngung ausgleichen. In Betrieben mit Viehwirtschaft, die oft mit Körnermaisanbau kombiniert sind, kann die Gülledüngung die Stickstoffverluste kompensieren.

Im Anschluss sprachen Peter Waldherr und Matthias Bauer vom Agro Innovation Lab und der RWA über die Beschaffung von Maisstroh. Sie erläuterten, dass es bereits etablierte Erntetechniken gibt und je nach Transportdistanz unterschiedliche Geräte eingesetzt werden können, die am Markt verfügbar sind. Besonders hervorgehoben wurde die Frage der Haltbarmachung: Der Einsatz von Fahrsilos gilt hier als die praktikabelste Lösung, während Trocknungsverfahren zwar möglich, jedoch sehr energieaufwendig sind. Das notwendige Know-how sei in der Landwirtschaft bereits vorhanden. Die Geräteinfrastruktur ist entwickelt, aber noch nicht weit verbreitet.

Nach einer Pause folgten Kurzvorträge zu verfahrenstechnischen Konzepten.

Schlüssiges zu Aufschlussverfahren

Sebastian Sandner von der TU Graz stellte die Infrastruktur seines Instituts zur Organsolv-Extraktion vor. Ein vereinfachtes Fließbild diente als Grundlage für eine vertiefende Diskussion, in der insbesondere die Herausforderungen für den wirtschaftlichen Betrieb einer Organsolv-Anlage thematisiert wurden. Sandner machte deutlich, dass die Faserqualität unter den chemischen Extraktionsverfahren leidet und das potentielle Anwendungen einschränkt.

Eine alternative Perspektive brachte Jussi Lahti von Andritz ein. Er präsentierte die mechanische Aufbereitung von Weizenstroh für die Faserverwertung und stellte damit einen Kontrast zur chemischen Behandlung von Maisstroh dar. Während Maisstroh in der Organsolv-Technologie vor allem für die Gewinnung von Lignin und Kohlenhydraten geeignet ist, sind die resultierenden Fasern für Papieranwendungen weniger tauglich. Lahti betonte, dass alternative Faserquellen aus Nicht-Holz-Pflanzen in den kommenden Jahren für die faserbasierte Industrie eine zunehmende Bedeutung haben werden und erläuterte dies am Beispiel der Weizenstrohanlage von essity in Mannheim, welche Andritz errichtet hat.

Im Anschluss brachte Thomas Nick von Chemnickals die Sicht eines Business Developers ein. Er machte deutlich, dass die Problemstellung der Kunden im Zentrum stehen müsse, wenn neue Produkte entwickelt werden. Zudem verwies er auf die Vielzahl an Zertifizierungen, die für eine erfolgreiche Markteinführung beachtet werden müssen. Als Beispiel nannte er den Fall von Bioethanol, das seine Kosher-Zertifizierung verlieren kann, wenn es aus Getreide hergestellt wird. Sein Fazit: Das Kundenproblem verstehen und darauf den Business Case aufbauen.

Vom Pilot zur Demoanlage?

Darauf folgte die Vorstellung der Arbeitsgruppe Systemverfahrenstechnik an der TU Wien durch Ada Robinson. Sie präsentierte die bestehenden Forschungs- und Entwicklungsinfrastrukturen und hob hervor, welche Möglichkeiten für Kooperationen und gemeinsame Projekte bestehen. Unterstützt wurde sie von PingPing Wang, die zusätzliche Aktivitäten im Bereich CO₂-Recycling vorstellte. Beide betonten, dass in ihren Projekten ein starker Fokus auf einer ganzheitlichen Life Cycle Assessment (LCA) gelegt wird, um Nachhaltigkeit zu bewerten.

Die Veranstaltung zeigte insgesamt, dass Maisstroh als nachhaltiger Rohstoff vielfältige Chancen bietet – sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Industrie. Florian Kamleitner betonte, dass es durch die rege Teilnahme gelungen sei, die Teilnehmenden besser miteinander zu vernetzen und konkrete Ideen im kleineren Kreis auszutauschen.

Im Anschluss bot eine Besichtigung der Bioraffinerie-Infrastruktur an der TU Wien die Gelegenheit, die vorhandenen (Pilot)versuchsanlagen kennenzulernen und sich ein Bild von den technischen Möglichkeiten für zukünftige Projekte zu machen.

Ihr Kontakt für weitere Rückfragen:

Florian Kamleitner