Nachbericht zum 7. Round Table der Initiative „Alternative Proteins4Food”
Seit mehreren Jahren baut der Lebensmittel Cluster Niederösterreich ein vielfältiges und kompetentes Netzwerk von Interessierten zum Thema „Alternative Proteins4Food“ auf. Regelmäßig werden Austauschrunden zur Intensivierung der Kontakte und zum Wissenstransfer organisiert. Beim 7. Round Table wurden Zwischenverarbeiter landwirtschaftlicher Rohstoffe sowie Lebensmittelhersteller vor den Vorhang geholt.
Am 17. Juni 2025 fand der 7. Round Table der Initiative „Alternative Proteins4Food” unter dem Motto „Von der Pflanze ins Lebensmittel“ in der Landwirtschaftskammer Niederösterreich statt. Rund 60 Interessierte aus Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Handel diskutierten über die Zukunft pflanzlicher Proteine als Ersatz tierischer Produkte.
Sojabohne ist ein Alleskönner!
Im Vordergrund des fachlichen Austauschevents – einer Kooperationsveranstaltung von ecoplus Lebensmittel Cluster Niederösterreich mit Landwirtschaftskammer Niederösterreich und AMA Marketing GmbH – standen die aktuellen Anbaumöglichkeiten von Proteinpflanzen, im konkreten von Körnerleguminosen. Monika Stangl (BMLUK, Abteilung II/5 - Pflanzliche Produkte) fasste die Anstrengungen im Rahmen der Österr. Eiweißstrategie zusammen, die sowohl regional als auch auf europäischer Ebene versucht haben, heimischen Soja für die Humanernährung attraktiver zu machen. Josef Wasner (Abteilung Pflanzenproduktion der Landwirtschaftskammer NÖ) bot einen hervorragenden Überblick über die aktuelle Situation in Österreich und stellte deren Proteinertrag (Soja 1000 kg/ha) jenem Ertrag gegenüber, der von Rindern über die Veredelung von Wiesen- und Feldfutter erzielt wird (fast das doppelte!). Bezieht man die Ansprüche der Leguminosen aus ackerbaulicher Sicht ein d.h. Bodenbeschaffenheit, pH-Wert und Fruchtfolge, stechen aus den Leguminosen Sojabohne, Körnererbse und Ackerbohne deutlich hervor. Betrachtet man jedoch bei den drei Arten den Deckungsbeitrag (EUR/ha), dann zeigt sich, dass der Landwirt bei konventionellem Anbau nur mit Soja wirtschaftlich rentabel produzieren kann, wie auch Lorenz Mayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer NÖ zu bedenken gab. Im Bio-Bereich sind die Marktpreise derzeit zwar deutlich besser, jedoch erzielt Soja immer noch den vierfachen Deckungsbeitrag von Körnererbse und Ackerbohne.
Von der Pflanze ins Lebensmittel
Um die Eiweißpflanzen als Ersatz tierischer Proteine einsetzen zu können, bedarf es einiger technologischer Voraussetzungen, wie Philipp Fuhrmann (Universität für Bodenkultur, Department für Biotechnologie und Lebensmittelwissenschaften) festhielt. Dabei geht es nicht nur um Funktionalität für die Verarbeitbarkeit zu Drinks (Emulsionen) oder Texturaten (Gele, Tofu) sondern auch um ernährungsphysiologische Nachteile z.B. durch unlösliche Proteine.
Im Rahmen der Veranstaltung präsentierten auch heimische Zwischenverarbeiter wie AGRANA Research & Innovation Center (Robert Wittenberger), Soy Austria Produktions GmbH (Georg Bamberger) und VFI GmbH Oil for Life (Klemens Rauch) ihre Produkte und formulierten Proteine. Weiters konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer pflanzenbasierte Drinks von Mona Naturprodukte GmbH verkosten und sich über Fleisch-Imitate beim Aussteller VeggieMeat GmbH informieren.
Nur guter Geschmack überzeugt die Konsumenten
Nach einem pflanzenbasierten Mittagsbuffet gab Michael Langanger (AMA Marketing GmbH) einen Überblick über die Konsumgewohnheiten der Österreicherinnen und Österreicher. Im Rahmen der RollAMA Motivanalyse wurden im März 2025 bei 1605 Personen erhoben, wie sie zu Regionalität und heimischen Lebensmitteln stehen. Dabei zeigte sich, dass leider immer noch der Preis und Rabattaktionen die Kaufentscheidung beeinflussten. Selten wurde vegane und vegetarische Ernährung mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Letztlich wird die Akzeptanz der veganen und vegetarischen Lebensmittel durch den Geschmack und das Erlebnis bestimmt. In Zukunft könnte das AMA Gütesiegel für Ackerfrüchte (Hülsen- und Ölfrüchte, pflanzliche Drinks) allerdings zusätzlich zur Wertschätzung pflanzenbasierter Ernährung einen wichtigen Beitrag leisten.
Nachhaltige Ernährung für einen gesunden Planeten
Die neuen Österreichischen Ernährungsempfehlungen wurden 2025 aktualisiert und beziehen neben Ernährungs- und Gesundheitsauswirkungen erstmals auch Umwelt- und Klimaaspekte mit ein. Entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittel werden vom Ressourceneinsatz beim Anbau der Rohstoffe über den Transport bis hin zur Verarbeitung der ökologische Fußabdruck bewertet. Rund ein Drittel aller vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen sind auf die Lebensmittelproduktion und daraus resultierende Ernährungsweisen zurückzuführen. Besonders fatal ist es daher, wenn Lebensmittel weggeworfen werden. Martin Schlatzer vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL Österreich) und Kollegen haben zum Beispiel im Rahmen der Initiative Mutter Erde 2018 berechnet, dass eine 10%ige Reduktion des derzeitigen Fleischkonsums ODER eine 25%ige Reduktion der Lebensmittelabfälle der gegenwärtige Nahrungsbedarf in Österreich durch Biolandbau gedeckt werden könnte.
Vernetzung aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette
Nicht nur am Marktplatz sondern auch bei Gesprächen in den Pausen haben sich die 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion intensiv zu aktuellen Herausforderungen der Ernährungstransformation ausgetauscht. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion wurden von allen Akteuren aus dem Soja-Bereich konstruktive Vorschläge zur Steigerung der pflanzenbasierten Ernährung diskutiert. Es bedarf aber weiterer Forschungsaktivitäten und Austauschformate. Der ecoplus Lebensmittel Cluster Niederösterreich wird mit seiner Initiative „Alternative Proteins4Food“ weiterhin zum Austausch und zur Initiierung neuer Projekte beitragen.