Wir setzen KI und BIM ein – Interview mit Gerhard Eder/KWI Engineer GmbH
Wie profitieren Unternehmen aus der Baubranche von digitalen Technologien? Wie gelingt der Einsatz im Unternehmen?
Gerhard Eder, Geschäftsführer bei KWI Engineer GmbH und langjähriger Clusterpartner im Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ gibt im Interview mit Vera Weiß Einblick in ihre Anwendungsgebiete und Erfahrungen. Ein Gespräch über mutige Fusionen, smarte Assistenten und warum Kooperation der wahre Gamechanger ist.
Wenn aus einer Kooperation mehr wird
Vera Weiß: Gerhard, stell dich und KWI bitte kurz vor.
Gerhard Eder: Gerne. Mein Name ist Gerhard Eder. Ich bin gelernter Elektrotechniker und komme ursprünglich aus der Elektromontage. Berufsbegleitend habe ich studiert und bin nun seit über 25 Jahren in der Planung und Bauüberwachung tätig. Ich war über 20 Jahre selbstständig mit meinem Planungsbüro für Elektro- und HKLS-Planung, dem Technisches Büro Ing. Gerhard Eder (TBGE), zudem war ich 10 Jahre Lehrer an einer HTL. Meine Leidenschaft gilt der Elektro- und Elektrotechnikplanung – immer schon in Verbindung mit IT. Ich habe früher auch eine Ausbildung als Organisationsprogrammierer abgeschlossen, mich dann aber doch auf die Anwendung von Software beschränkt.
Seit Jänner 2025 bin ich nach der Fusion von TBGE und KWI Engineer GmbH Geschäftsführer in der KWI. Die KWI gibt es bereits seit 35 Jahren und sie ist heute Teil der deutschen IPRO-Gruppe mit über 400 Mitarbeitenden, rund 30 davon in St. Pölten, und über 6.000 erfolgreich abgewickelten Projekten.
Vera Weiß: Was war der Hintergrund des Zusammenschlusses von TBGE und KWI?
Gerhard Eder: Die beiden Unternehmen haben immer wieder zusammengearbeitet. Die Idee der Fusion war, Groß- und auch Kleinprojekte gemeinsam effizienter abwickeln zu können. So können wir nun die E- & HKLS-Planung im eigenen Hause abdecken und brauchen keine Sub-Planende mehr. Wir können als KWI auch die steigende Nachfrage nach Generalplanung perfekt abdecken. Unsere Kernkompetenzen sind damit breit aufgestellt. Von der technischen Gebäudeausrüstung & Energietechnik, der Generalplanung von Bauwerken aller Art (inklusive dem planenden Baumeister), sowie der Bauaufsicht (vom Projektbeginn bis zur Inbetriebnahme) bis hin zum interdisziplinären Projektmanagement. Mit der Fusion haben wir ein umfassendes Spezialwissen, das wir unseren Auftraggebenden anbieten können.
„BIM ist in der Planung angekommen, in der Ausführung noch nicht.“
Vera Weiß: Du hast dich bereits früh mit Building Information Modeling (BIM) beschäftigt. Was sind deine Erfahrungen?
Gerhard Eder: Mein Einstieg in BIM war 2015 mit einem vom Cluster initiierten BIM-Qualifizierungsprojekt. Damals war die TBGE noch ein kleines Büro mit 2-3 Mitarbeitenden. Ich war begeistert. Doch die Investitionen in eigene BIM-Programme waren für uns damals noch zu hoch. Aber mit dem Know-how aus der Qualifizierung ausgestattet bekam ich 2018 den Zuschlag für das erste große BIM-Projekt – die deutsche Botschaft in Wien. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich tatsächlich intensiv mit BIM auseinandergesetzt.
Heute ist BIM in der Planung angekommen, leider in der Ausführung noch nicht wirklich. Das volle Potenzial von BIM wird aktuell noch nicht ausgeschöpft. Einerseits sehe ich, dass viele Architektinnen und Architekten, die kurz vor der Pensionierung stehen, sich nicht mehr umstellen wollen und auf der Baustelle wird oft noch mit Plänen im dwg- oder pdf-Format gearbeitet, obwohl es längst bessere Möglichkeiten gäbe – etwa 3D-Modelle, die direkt vor Ort genutzt werden. Dennoch: BIM wird immer mehr angewandt und aus meiner Sicht führt kein Weg in der Baubranche daran vorbei.
KI + BIM = „erheblicher“ Mehrwert
Vera Weiß: Wie siehst du die Kombination von BIM und Künstlicher Intelligenz (KI)?
Gerhard Eder: Das ist ein erheblicher Mehrwert. BIM ist aufgrund der Datenstruktur hervorragend geeignet, um mit KI zu arbeiten. Denn KI kann bestens mit großen Datenmengen umgehen. Also je mehr Daten umso besser die Ergebnisse der KI. In der Schweiz gibt es bereits 3.000 BIM-Modelle zur KI-Weiterentwicklung, zwar derzeit nur Wohnbauten, aber immerhin – in Österreich gibt es aktuell so gut wie gar keine frei verfügbaren. Meine Vision ist: Die Anwenderin bzw. der Anwender gibt Parameter ein, wie z.B. Fläche, Stil oder Ausstattungsstandard, und die KI erstellt die erforderlichen Unterlagen, inklusive Einhaltung der maßgeblichen Bauvorschriften.
KI im Unternehmen – das Potenzial ist riesig
Vera Weiß: Ihr nutzt KI bereits aktiv im Unternehmen. Kannst du uns ein paar Einblicke geben?
Gerhard Eder: Ja, gerne. Wir entwickeln bei KWI aktuell einen eigenen Planungsassistenten auf KI-Basis. Das Potenzial ist riesig – von automatisierten Planungsschritten bis hin zur Qualitätssicherung durch KI-gestützte Kollisionsprüfungen. Unser KI-Assistent wird schrittweise mit Funktionen ausgestattet, um auf Normen und unsere Planungsdaten inhouse zugreifen zu können. Ziel ist es, dass alle Mitarbeitenden – egal ob in Österreich oder Deutschland – über ein Login erkannt werden und so die passenden Informationen erhalten. So erkennt die KI auch, ob die anfragende Person aus der Elektro-, HKLS-Planung, der technischen Zeichnungsabteilung oder von der Projektleitung ist und liefert die entsprechend passenden Vorlagen bzw. Auswertungen.
Ein Beispiel: In einem neuen Projekt soll eine Rufanlage geplant werden – die KI durchsucht aus unseren Archiven ähnliche Projekte und generiert daraus passende Vorschläge. Oder wir brauchen für ein Angebot Referenzen – da kann ich die KI mit den Anforderungen der Ausschreibung sehr schnell passende Referenzprojekte suchen lassen. Oder ähnliche Fälle …
Eine zweite KI-Anwendung ist unser Tool „IPRO-Klick“. Es ermöglicht Eingriff direkt in eine Anwendung. Z.B. wollen wir damit einfache Zeichenarbeiten automatisieren – Positionieren von Brandmeldern in allen Räumen, Schalter bei jeder Tür oder dgl. Aber auch Pläne prüfen, z.B. kontrollieren, ob in allen innenliegenden Räumen eine Lüftungsanlage eingeplant ist.
Weiters arbeiten wir an einem KI-gestützten Projektverfolgungssystem. Es soll künftig – je nach Bauphase – Hinweise geben wie z.B. „Hast du schon XX kontrolliert?“ oder „In dieser Leistungsphase musst du YY beachten“. Das soll Fehlerquellen reduzieren und die Qualität in der Projektleitung deutlich erhöhen.
Vera Weiß: Welche Herausforderungen begegnen dir aktuell beim Einsatz von KI?
Gerhard Eder: Ganz klar, der Datenschutz. Wir müssen uns und unsere Mitarbeitenden fit machen – nicht nur im Umgang mit KI, sondern auch im Bewusstsein für Risiken und rechtliche Rahmenbedingungen. Außerdem gibt es seit Februar 2025 eine gesetzliche Schulungsverpflichtung durch die Verordnung „AI Act“.
Aber auch die Datenstruktur ist wichtig. Denn nur mit gut strukturierten Daten kann KI inhouse sinnvoll arbeiten.
KI Erfahrungsaustausch als Unterstützung & Inspiration
Vera Weiß: Im Herbst organisieren wir Erfahrungsaustausch-Runden für Clusterpartner zum Einsatz von KI im Unternehmen. Du wirst auch dabei sein. Warum ist Deiner Meinung nach dieser Austausch wichtig?
Gerhard Eder: KI als Werkzeug ist sehr potent, die Anwendungen sind vielfältig und passieren gerade. Es gibt viele Ideen, aber leider sind davon auch viele Eintagsfliegen, die ebenfalls Ressource binden. Der Austausch unter VertreterInnen von Unternehmen ist daher enorm wertvoll. So kann man viel voneinander lernen, sich gegenseitig inspirieren und jedenfalls gemeinsam schneller vorankommen. Wer früh seinen Nutzen erkennt, hat einen klaren Startvorteil.
Herausforderungen & Trends in der Branche
Vera Weiß: Welche Herausforderungen siehst du aktuell in der Baubranche?
Gerhard Eder: Der Wohnbau ist zwar konjunkturell stark betroffen, aber Herausforderungen gibt es immer. Wichtig für Unternehmen ist, am Ball zu bleiben. Und ja, auch wir beklagen den Fachkräftemangel. Uns fehlen vor allem Personen in der Elektro- und HKLS-Fachplanung, denn es gibt aktuell keine praxisnahe Ausbildung in dem Bereich, welche jahrelange Praxis ersetzen könnte, weder an HTLs noch an FHs.
Vera Weiß: Welche Trends siehst Du auf die Branche zukommen?
Gerhard Eder: Im sog. „Hype-Zyklus“ sehe ich BIM in der Ausführung als noch nicht ausreichend angekommen – da stehen wir gerade am Höhepunkt der Kurve (Anm.: „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ nach Gartner Inc.). Gleichzeitig entstehen durch KI viele neue Anwendungen, die haben wir heute noch gar nicht alle auf dem Schirm.
Ein spannendes, zukunftsträchtiges Feld ist meines Erachtens die Gebäudeautomatisierung, also die intelligente Verknüpfung von Daten wie z.B. aus Sensoren (Temperaturen, Belegung u.ä.), dynamische Stromtarife, Wettervorhersage usw., um daraus entsprechende Optimierungen fahren zu können.
Also meiner Meinung nach sind wir in den genannten Trends gerade mittendrin.
„Ich freue mich auf viele weitere interessante Projekte im Cluster!“
Vera Weiß: TBGE und KWI, beide sind langjährige Clusterpartner – was schätzt du am Cluster?
Gerhard Eder: Die Nähe zur Wirtschaft, die guten Kontakte zu Bildungsinstitutionen und natürlich auch die Aufbereitung von Fördermöglichkeiten. Aber jedenfalls auch immer wieder die Themen, die von Euch aufgegriffen werden, und die Art und Weise, wie ihr die Unternehmen einbindet. Denn ich war noch bei keinem Projekt dabei, aus dem ich keinen Mehrwert gezogen hätte. Selbst Seminare, bei denen ich dachte „na schau ma mal“, haben meinen Horizont erweitert.
Vera Weiß: Unser Cluster-Motto lautet „Innovation durch Kooperation“. Was bedeutet das für dich?
Gerhard Eder: Kooperationen werden oft unterschätzt und leider gibt es in der Branche noch zu viel Konkurrenzdenken. Firmen könnten viel mehr erreichen, wenn sie zusammenarbeiten – auch innerhalb derselben Branche. Wir erleben das aktuell bei unserer Fusion. Der Cluster bietet hier eine gute Plattform, um gemeinsam mehr zu schaffen.
Vera Weiß: Zum Abschluss: Gibt es noch etwas, das du dem Cluster mitgeben möchtest?
Gerhard Eder: Ich wünsche mir, dass ihr genau so weitermacht wie bisher – mit aktuellen Themen, innovativen Projekten und guter Moderation. Und jedenfalls DANKE für die Möglichkeit zum Austausch. Ich freue mich auf viele weitere interessante Projekte im Cluster!
Vera Weiß: Vielen Dank, Gerhard, für das Gespräch!
Zum Unternehmen
KWI Engineers GmbH
Linzer Straße 55, Objekt Nr. 129, 4. OG
3100 St. Pölten
KWI Engineers GmbH beschäftigt rund 30 Mitarbeitende an zwei Standorten in Österreich.