Initiative Climate-Change-Technologies - CCU-Potentiale für
eine klimaneutrale Industrie
Carbon Capture and Utilization (CCU) ist eine Technologie zur Abscheidung von Kohlenstoff aus industriellen Prozessen oder aus der Luft, um das so gewonnene CO₂ im Anschluss wieder als Rohstoff für industrielle Prozesse nutzen zu können. Damit ist CCU ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Niederösterreich bietet durch seine industrielle Struktur, insbesondere in der Chemie-, Zement- und Energiebranche, sowie durch seine Forschungslandschaft ideale Voraussetzungen für die Entwicklung und Anwendung von CCU-Technologien.
Ausgangslage
Die Herausforderung liegt in der Stabilität des CO₂-Moleküls, das nur mit erheblichem Energieaufwand – vorzugsweise aus erneuerbaren Quellen – in nutzbare Verbindungen überführt werden kann. Dennoch eröffnen sich durch CCU vielfältige Möglichkeiten zur Herstellung von Produkten wie Methanol, synthetischem Methan, Treibstoffen oder mineralischen Baustoffen. Die Umsetzung solcher Technologien kann nicht nur zur Emissionsminderung beitragen, sondern auch neue Wertschöpfungsketten schaffen und die Versorgungssicherheit erhöhen.
Aktivitäten
Im Rahmen der Initiative Climate-Change-Technologies wurden im Auftrag der ecoplus Plattform für Green Transformation & Bioökonomie Stärkefelder ausgearbeitet. Die für Niederösterreich relevantesten Technologien lassen sich in vier Hauptgruppen unterteilen: Mineralisierung, Konversion zu chemischen Grundstoffen, Fischer-Tropsch-Synthese und Methanisierung.
Mineralisierung bindet CO₂ dauerhaft in Baustoffen wie Beton und bietet den Vorteil eines geringen Energiebedarfs. In Niederösterreich fallen jährlich rund 0,95 Mio. Tonnen Betonabbruch an, woraus sich ein CO₂-Bindungspotenzial von bis zu 0,24 Mio. Tonnen ergibt. Die technische Mineralisierung ist dabei effizienter als die natürliche, da sie gezielt gesteuert werden kann.
Die Konversion, also die stoffliche Umwandlung zu Methanol erfolgt über verschiedene Verfahren, darunter direkte Hydrierung und elektrochemische Prozesse. Der Bedarf liegt in Niederösterreich bei etwa 300.000 Tonnen Methanol pro Jahr, was einem CO₂-Bedarf von rund 410.000 Tonnen entspricht. Die Herstellung erfordert große Mengen Wasserstoff und Strom, wobei die elektrochemische Variante ohne externen Wasserstoff auskommt.
Bei der sogenannten Fischer-Tropsch-Synthese werden in einem chemischen Verfahren synthetische Treibstoffe wie Sustainable Aviation Fuels (SAF) produziert. Für Österreich wird ein Bedarf von 210 Mio. Litern SAF angenommen, was einen CO₂-Bedarf von etwa 0,53 Mio. Tonnen und einen Energiebedarf von 4,2 TWh bedeutet.
Die Methanisierung schließlich nutzt CO₂ aus Biogasanlagen zur Erzeugung von synthetischem Methan. Mit einem Biomethanpotenzial von 3,02 TWh in Niederösterreich könnten durch Methanisierung bis zu 0,32 Mio. Tonnen CO₂ verwertet werden. Die biologische Methanisierung bietet Vorteile bei niedrigem Energieeinsatz, erfordert jedoch größere Reaktoren.
Die Umsetzung all dieser Technologien hängt stark von der Verfügbarkeit erneuerbarer Energie und grünem Wasserstoff ab. Zudem sind Investitionen in Infrastruktur und Forschung notwendig. In Niederösterreich existieren bereits starke Netzwerke, mit Forschungsinstitutionen wie der TU Wien, der BOKU, der Johannes-Kepler-Universität Linz und Unternehmen wie der OMV, KremsChem und Agrana.
Fallbeispiele wie die Pilotanlage der GIG Karasek GmbH oder das Projekt Waste2Fuel der BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH zeigen, dass CCU-Anwendungen technisch realisierbar sind und bereits erfolgreich getestet wurden. Die Kombination aus Emittenten, CO₂-Verwertern und Produktabnehmern ermöglicht die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten und stärkt den Wirtschaftsstandort Niederösterreich.
Fazit/Ausblick
CCU-Technologien bieten kurz-, mittel- und langfristig unterschiedliche Potenziale für Niederösterreich. Kurzfristig ist die Mineralisierung besonders attraktiv, da sie mit geringem Energieaufwand umgesetzt werden kann und geogene Emissionen der Zementindustrie direkt adressiert. Mittelfristig erscheint die Methanisierung vielversprechend, insbesondere in Verbindung mit Biogasanlagen, die eine dezentrale Umsetzung ermöglichen. Langfristig liegt das größte Potenzial in der Herstellung chemischer Grundstoffe wie Methanol, da diese eine dauerhafte CO₂-Bindung ermöglichen und fossile Rohstoffe ersetzen können. Die größte Herausforderung bleibt die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff und die fehlende Anrechenbarkeit im Emissionshandel, außer bei permanenter Speicherung. Dennoch kann Niederösterreich durch gezielte Förderung, den Ausbau der Infrastruktur und die Vernetzung von Forschung und Industrie eine Vorreiterrolle einnehmen und CCU als Schlüsseltechnologie für die Defossilierung etablieren.